Am 27. Juni 1968 befasste sich die Kur- und Verkehrskommission in ihrer Sitzung mit einem Fremdenverkehrsgutachten, das ausdrücklich die Errichtung eines Kurmittelhauses in Verbindung mit Hallenschwimmbad als notwendig zur Förderung des Kurbetriebes ansah.
Ebenso vertrat die Stadtverordnetenversammlung drei Wochen später in ihrer Sitzung die Auffassung, dass zur Belebung des Kur- und Fremdenverkehrs in Königstein ein Kurmittelhaus mit Hallenbad im Kurpark neben dem Kurhaus zu errichten sei. Waren sich die Kommunalpolitiker über die Notwendigkeit eines Kurbades einig, so herrschte doch Meinungsverschiedenheit über den auszuwählenden Standort. Ende August 1968 wurden mehrere Gelände besichtigt, die geeignet erschienen: Außer dem Kurparkgelände (hier war an die Fläche zwischen der „Villa Borgnis – Kurhaus im Park“ und der ehemaligen Gärtnerei gedacht) auch der Park des Hotels Sonnenhof (heute Villa Rothschild), die Herzog-Adolph-Anlage und das Wiesengrundgelände unterhalb des Falkensteiner Hains. Die Entscheidung fiel zugunsten des Wiesengrundgeländes, auch wegen der nahen Anbindung an die Bundesstraße 8.
Aus dem
Architektenwettbewerb wurden die Stuttgarter Architekten Ingeborg und Rudolf
Geier ausgewählt. Zu ihren Werken gehörten beispielsweise auch das
Markgrafenbad in Badenweiler, die Kurthermen in Lahnstein sowie das Alpenbad in
Pfronten. In Anwesenheit des Architektenehepaares tagte die neu einberufene
Hallenbadkommission am 21. Juli 1971 zum ersten Mal. Raumprogramm und
Bauplanung wurden am 18. Mai 1972 durch die Königsteiner
Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Im Übrigen stimmten elf
Stadtverordnete dafür, es gab drei Enthaltungen und eine Gegenstimme.
Steigerung der Aussichtsqualität
Mit durch
Gebietsreform und Finanzierungsfrage verursachter Verzögerung starteten die
Bauarbeiten erst im September 1975. Einige Monate zuvor war die Königsteiner
Kurgesellschaft m.b.H. gegründet worden. Am 5. Dezember 1975 wurde der
Grundstein gelegt. Nach neun Monaten Bauzeit konnte am 17. September 1976 das
Richtfest gefeiert werden. Der Entwurf der Architekten gründete sich auf die
Ausnutzung des Hanggeländes. So wurden vier Ebenen geschaffen und die Geschosse
dabei zurückgestaffelt. „Mit dem Hochsteigen
von der Eingangszone über den Kurmittel- und Umkleidebereich zur eigentlichen Bade-
und Aktivitätsebene und zur großen Ruhe- und Liegeplattform empfindet der Gast
eine Steigerung der Aussichtsqualität bis hin zum völlig neuen Rundblick über
Königstein und seine reizvolle Umgebung“, so beschrieb Rudolf Geier das
Projekt in der Broschüre „Unser Kurbad“, die 1977 anlässlich der Kurbaderöffnung
herausgegeben wurde.
Mit Jahresbeginn 1977 übernahm Rainer Kowald den Posten des Kur-Geschäftsführers, den er viele Jahre ausübte – mit Büro im Kurbad.
Die
offizielle Einweihungsfeier des Kurbades fand am 11. Juni 1977 im dem Bad gegenüberliegenden
katholischen Gemeindezentrum statt. In ihren Ansprachen betonten der hessische
Minister für Wirtschaft und Technik, Heinz Herbert Karry, Landrat Werner Herr
und Bürgermeister Antonius Weber wie bedeutsam das Kurbad für die Förderung des
Fremdenverkehrs wie auch der Infrastruktur der Stadt Königstein sei.
Insbesondere der Bürgermeister erwähnte den Bezug zur Kurgeschichte
Königsteins. Außer einem Hallenbad, so Bürgermeister Weber, stünden den
Einwohnern und den Gästen Königsteins jetzt auch eine Sauna, Solarien,
Liegehallen, ein Restaurant und ein Kosmetiksalon zur Verfügung. Ebenso gab es
ein Institut für Krankengymnastik.
Einen Tag später, am Sonntag, 12. Juni 1977, öffneten um 7.30 Uhr die „Kurbad-Tore“ für die Schwimmerinnen und Schwimmer. Innerhalb von nur vier Stunden strömten 400 Besucher in das Bad.
Als das
Kurbad dann im Juni 1978 seinen ersten Geburtstag feierte, konnte es bereits 200
000 Besucher zählen. Jeder, der am Jahrestag in das Bad kam, erhielt aus diesem
besonderen Anlass beim Verlassen eine gebackene „Eins“ überreicht.
Erregte Diskussionen: die Farbgebung
Viele Königsteiner waren entsetzt, als sie das neue Bad in leuchtendem Blau und Orange vor sich sahen. So entstand die „Bürgeraktion Farbgebung Kurbad“, die die Farben als „aggressiv, stressend, aufregend und disharmonisch“ empfand. Die Farbgebung sei weder der landschaftlichen Umgebung noch der Funktion des Kurbades angemessen. „Mag ein gewisser Gewöhnungsprozess die Schärfe der Kritik auch mildern, so werden wir doch die Diskussion weiterführen und uns für eine Änderung der äußeren Farbgebung des Kurbades einsetzen“, so äußerte sich die genannte Bürgeraktion in der eigens zur Kurbaderöffnung herausgegebenen Informationsbroschüre „Unser Kurbad“. Aber auch der documenta-Künstler Otto H. Hajek, der für die künstlerische Ausgestaltung und demzufolge auch für die Farben verantwortlich war, kam in der Broschüre zu Wort. Ihm lag am Herzen, dass die Besucher ein besonderes Empfinden erfahren. Die Farbe Blau ist die Farbe des Himmels und nach Hajek eine natürliche Ergänzung zur grünen Umgebung des Bades. „Durch die Gestaltung zieht sich ein Leitfaden, den ich (= Otto H. Hajek) – Farbwege – nenne. Die geplante Brunnenlandschaft im Vorfeld der Architektur schützt die Eingangssituation gegenüber der Straße, sie ist als Einladung zu verstehen. Die Farbformen der Architektur, die Farbräume sind eine psychotherapeutische Einbringung, sie sind ein Wert für die Gesundheit des Menschen… Mit meiner Arbeit habe ich versucht, hier mitzuhelfen, dass die Besucher des Kurbades ein besonderes Empfinden erfahren.“
Mit der
Eröffnung des Kurbades war das Thema „Farbgebung“ noch nicht zu Ende
diskutiert: Anfang Juli 1977 fand eine öffentliche sehr gut besuchte
Diskussionsveranstaltung statt, bei der auch der Architekt Geier und der
Künstler Hajek anwesend waren. Zur Farbe Orange, die vielen nicht gefiel,
äußerte der Künstler, sie bringe von außen die Sonne „herein“. Laut
zeitgenössischem Zeitungsartikel vom 6. Juli 1977 waren die Befürworter der
Kurbadfarbe in der Minderheit. Die Gegner bemängelten auch, dass die
Bürgerschaft vor der endgültigen Farbgebung nicht informiert wurde.
Passender Name gesucht
Das große
Bauvorhaben für das Kurmittelzentrum lief unter dem Arbeitstitel
„Gesundheitszentrum“. Der Magistrat der Stadt Königstein suchte noch vor der
Grundsteinlegung nach einem passenden Namen für das Projekt und Königsteins
Bürger wurden dazu aufgerufen, bis zum 30. November 1975 ihre Idee für einen
Namen einzureichen. Es gab 185 Einsendungen sehr unterschiedlicher Art. „Aqua
Tauna“ und „Quisisana“ waren dabei und 16 Vorschläge erinnerten an den
Begründer der Kur, Dr. Georg Pingler. Manche übten mit ihren Vorschlägen auch
Kritik, zu diesen gehörten „Steuer-Millionen-Grab“ oder auch „Schuldenterrine“.
Der Aufsichtsrat der Kur-GmbH, der sich aus Kommunalpolitikern verschiedener
Parteien zusammensetzte, entschied sich dann für „Kurbad Königstein“. Zwölf Einsender
hatten diesen Namen vorgeschlagen. Unter ihnen wurde per Los der Sieger
ermittelt, der sich entscheiden konnte zwischen einer kostenlosen Nutzung von
Hallenbad und Sauna für die Dauer von einem Jahr oder einem Geldbetrag in Höhe
von 400 DM in bar.
Beate Großmann-Hofmann, Stadtarchiv Königstein